17 Core
Commitments

für die Transformation unseres Bewusstseins
– von Miki Kashtan

Die Israelin Miki Kashtan ist eine internationale Koryphäe in der Welt der „Gewaltfreien Kommunikation“. Sie hat Grundlagen und Praktiken geschaffen für eine Gesellschafts-Veränderung, die mit unserer Befreiung beginnt – innen und außen, individuell und kollektiv.

Sie ist eine Revolutionärin, eine Wissenschaftlerin, eine tief empathische Person.

Ich hatte das Glück mit ihr einige Tage auf einem Retreat in Polen zu verbringen mit dem klingenden Titel „Mobilizing for Nonviolent Global Liberation“. Und sie hat mich sehr beeindruckt – ich hab‘ auch ein Interview mit ihr gemacht.

Was ich gern zum Einstieg teilen mag sind ihre 17 „Core Commitments“, zu denen sie in ihrem Buch „Spinning Threads of Radical Aliveness: Transcending the Legacy of Separation in our Individual Lives“ konkrete Praktiken beschreibt.

Die „Core-Commitments“ – mehr als eine Willenserklärung

Die Core-Commitments von Miki Kashtan können uns dienen als Kompass, als Erinnerung, als ein Gerüst für ein bewusstes und absichtsvolles Leben.

Es geht dabei nicht um das, was wir tun “sollten” in einem Denken von Richtig und Falsch. Und es geht schon gar nicht um „Pflicht“, es ist auch kein Versprechen.

Und gleichzeitig ist es mit den von Miki definierten Praktiken auch mehr als eine Absicht, es ist sogar mehr als eine grundlegende Willenserklärung. Deshalb verwende ich auch hier in der Übersetzung das englische Wort „Commitment“.

Fokus auf „Unterstützung holen“

Zentral ist für Miki, dass wir für das Leben der Commitments und das „Dranbleiben“ andere Menschen brauchen.

„While the choice is ours to make, and the invitation is to extend ourselves to life fully without conditions, we need each other to be able to continue to face reality – external and internal – and keep focused on what matters to us most.“

Deshalb formuliert Miki für jedes Commitment einen Impuls dazu, was uns bei der Umsetzung unterstützen kann.

Mehr Info zu Miki Kashtan und ihren Büchern findet sich auf http://thefearlessheart.org/

17 „Core Commitments“ für die Transformation unseres Bewusstseins

Was ich für mich selbst will…

 

1. Offen sein mir selbst gegenüber (aussteigen aus der Selbstverurteilung)

Selbst wenn ich mich auf einer Weise verhalte, die ich gleichzeitig ablehne, will ich mein Herz offen halten mir selbst gegenüber.

Wenn ich merke, dass ich mich selbst verurteile, will ich mir Unterstützung dafür holen, mich wieder mit mir selbst zu verbinden und die Bedürfnisse, die mein Handeln motivieren, mitfühlend zu halten und wert zu schätzen.

 

2. Offen sein für volle emotionalen Erfahrung

Selbst wenn meine Gefühle für mich unangenehm sind, will ich für mich präsent sein und mein Herz für die Fülle meiner emotionalen Erfahrung offen halten.

Wenn ich merke, dass ich angespannt bin und über meine Erfahrungen hinweggehe, mich betäube oder meine Gefühle abschalte, dann will ich mir Unterstützung dafür holen, meinen Widerstand / meine Wehrhaftigkeit los zu lassen und mich für das zu öffnen was ist.

 

3. Meine Bedeutsamkeit riskieren

Selbst wenn ich voller Zweifel bin, will ich mich in vollem Umfang der Welt anbieten.

Wenn ich merke, dass ich denke, ich sei nicht wichtig oder mein Tun sei nicht von Bedeutung, dann will ich mir Unterstützung dafür holen, wieder zu dem Wissen zurückzukommen, dass mein Dasein und meine Begabungen von Bedeutung sind.

 

4. Verantwortung übernehmen

Selbst in Zeiten in denen ich mich im Angesicht von Hindernissen oder schwierigen Emotionen überwältigt fühle, will ich die volle Verantwortung für meine Gefühle, mein Tun und mein Leben übernehmen.

Wenn ich merke, dass ich Macht an andere Menschen abgebe, an höhere Mächte oder an analytische Kategorien wie „meine Vergangenheit“ oder Bezeichnungen, die ich mir gebe, will ich mir Unterstützung dafür holen, die grundlegende Wahlfreiheit in mir wiederzufinden, zu leben wie ich möchte und zu bitten um was ich möchte.

 

5. Für mich selbst sorgen

Selbst wenn ich gestresst bin, mich überwältigt fühle oder von meinen Gefühlen abgeschnitten bin, will ich mich um mein Wohlsein bemühen und Maßnahmen ergreifen, die mein Leben nähren.

Wenn ich merke, dass ich Strategien vernachlässige, von denen ich weiß, dass sie zu meinem Leben beitragen (so wie mich sportlich zu betätigen, Essen wie ich es möchte, Unterstützung und Empathie wie benötigt annehmen, wohltuende Aktivitäten oder andere Dinge, die mich unterstützen), dann will ich mir Unterstützung dafür holen, mich wieder mit dem Wert meines eigenen Lebens zu verbinden und mit meinem Wunsch, mich zu nähren.

 

6. Für Ausgleich und Balance sorgen

Selbst wenn ich versucht bin, mich zu überlasten (einschließlich aufgrund irgendeiner dieser Erklärungen), will ich in jedem Moment achtsam gegenüber meinen Grenzen sein.

Wenn ich merke, dass ich mich unter Druck setze, dann will ich mir Unterstützung dafür holen, die natürliche Weisheit meines Organismus zu respektieren. Und ich will darauf vertrauen, dass ich mit der Zeit meine Kapazitäten erweitere, selbst wenn ich innerhalb meiner derzeitigen Grenzen bleibe.

 

Was ich in Bezug auf Andere will…

 

7. In jedem Fall lieben

Selbst wenn meine Bedürfnisse ernstlich unerfüllt sind, will ich mein Herz offen halten.

Wenn ich merke, dass ich Urteile bilde, voll Ärger oder sonst wie getriggert bin, will ich mir Unterstützung dafür holen, meine Urteile zu transformieren und anderen mit Liebe zu begegnen.

 

8. Die Unschuld der Anderen voraussetzen

Selbst wenn ich die Handlungen oder Worte anderer nicht verstehe oder sie mir Angst machen, will ich davon ausgehen, dass ihnen eine menschliche Absicht zugrunde liegt, die auf echten Bedürfnissen basiert.

Wenn ich merke, dass ich sonstige Motive vermute, oder die Handlungen anderer analysiere, will ich mir Unterstützung dafür holen, mich wieder in der Klarheit zu verankern, dass jede menschliche Handlung ein Versuch ist, Bedürfnisse zu erfüllen, die auch in mir angelegt sind.

 

9. Empathische Präsenz

Selbst wenn andere im Schmerz sind und abgeschnitten von sich selbst, wenn sie starke Gefühle ausdrücken oder verurteilen, will ich eine entspannte Gegenwärtigkeit mit ihrer Erfahrung aufrecht halten.

Wenn ich merke, dass ich versuche, in Ordnung zu bringen, Ratschläge zu geben, mechanisch Empathie gebe oder meine Aufmerksamkeit anderswo hinwende, will ich mir Unterstützung dafür holen, dass ich das Vertrauen in das Veränderungspotentzial / die Verwandlungskraft wiederfinde – und auch in das Geschenk, einfach nur mit jemandem zu sein.

 

10. Großzügigkeit

Selbst wenn ich ängstlich bin oder wenig Ressourcen habe, möchte ich aktiv für andere da sein und auf deren Bitten eingehen.

Wenn ich merke, dass ich mich angstvoll anspanne und unwillig werde, zu geben, will ich mir Unterstützung dafür holen, jegliches Mangeldenken loszulassen und Gelegenheiten willkommen zu heißen. in denen ich geben kann.

 

Was ich in der Interaktion mit anderen will…

 

11. Authentizität und Verletzlichkeit

Selbst wenn ich mich ängstlich und meiner Selbst unsicher fühle, will ich meine innere Wahrheit mit anderen teilen, und dabei achtsam und mitfühlend mit mir selbst und anderen umgehen.

Wenn ich merke, dass ich mich verstecke oder schütze, will ich mir Unterstützung dafür holen, die Möglichkeit anzunehmen, dass ich mein Selbstgefühl ausdehnen und Scham überwinden kann.

 

12. Verfügbar sein für Feedback

Selbst wenn ich so gesehen und angenommen werden möchte wie ich bin, will ich offen für Rückmeldungen von anderen sein, um zu lernen und zu wachsen.

Wenn ich merke, dass ich mich verteidige oder in die Selbstverurteilung abrutsche, will ich mir Unterstützung holen, um die Schönheit und das Geschenk in dem zu finden, was mir mitgeteilt wird.

 

13. Offen sein für Dialog

Selbst wenn ich sehr an einem bestimmten Ergebnis interessiert bin, will ich offen dafür bleiben, meine Interessen im Dialog zu ändern.

Wenn ich merke, dass ich einen Standpunkt verteidige oder jemandem anderen von seiner Position abzubringen versuche, will ich mir Unterstützung dafür holen, die Anhaftung loszulassen und mich mit meinen Bedürfnissen und den Bedürfnissen der anderen zu verbinden und darauf hinzuarbeiten, dass sich aus dieser Verbindung mit den Bedürfnissen neue Möglichkeiten entwickeln können.

 

14. Konflikte lösen

Selbst wenn ich viele Hindernisse habe, mich mit jemandem zu verbinden, will ich mich dafür offen halten, Probleme zwischen uns mit der Unterstützung anderer zu lösen.

Wenn ich merke, dass ich von jemandem Abstand nehme, will ich mir Unterstützung dafür holen, damit ich mich wieder an die Magie von echtem Dialogs erinnere und mich em Prozess der Heilung und Versöhnung anvertraue, um die Verbindung zwischen uns wiederherzustellen.

 

Was ich in Bezug auf das Leben will…

 

15. Allseitige Abhängigkeit anerkennen

Selbst wenn ich Trennung erfahre oder tiefe Isolation, will ich mein Herz für die Fülle und allseitige Verbundenheit allen Lebens öffnen und das Bewusstsein kultivieren für die zahllosen Wege, wie sich unsere Handlungen und Erfahrungen gegenseitig beeinflussen.

Wenn ich merke, dass ich mich in Selbstgenügsamkeit, Trennung oder Misstrauen zurückziehe, will ich mir Unterstützung dafür holen, mich an die Schönheit und die Befreiung zu erinnern, die ich erfahre, wenn ich in der allseitigen Verbundenheit weile, einschließlich der vielen Wege, auf denen jedes unserer Leben von den Gaben, Handlungen und Anstrengungen anderer abhängt.

 

16. Annehmen was ist

Selbst wenn Veränderung geschieht (erwünscht oder unerwünscht, klein oder groß), Dinge auseinanderfallen, Menschen mich hängen lassen, oder auf der Welt Unglück geschieht, will ich dem Leben gegenüber offen bleiben.

Wenn ich merke, dass ich mich anspanne und vom Leben zurückziehe oder mich zu fixen Ideen darüber hingezogen fühle, was genau passieren sollte, will ich mir Unterstützung dafür holen, um ein Gefühl des Friedens mit unerfüllten Bedürfnissen zu finden – damit ich schließlich Antworten bzw. Handlungen wählen kann, die meiner inneren Klarheit entsprechen, wie ich dem Leben begegnen will.

 

17. Das Leben feiern

Selbst wenn ich Schwierigkeiten gegenüber stehe – persönlich, in Gemeinschaft oder global – will ich eine Einstellung von Wertschätzung und Dankbarkeit dafür aufrechterhalten, was das Leben mir bringt.

Wenn ich merke, dass ich zynisch werde oder nur noch Schmerz und Verzweiflung spüre, will ich mir Unterstützung dafür holen, mein Herz mit der Schönheit und dem Wunder zu verbinden, das selbst in den schlimmsten Umständen im Leben existiert.

 

Dieser Text stammt im Original von Miki Kashtan (2010) und findet sich auf ihrer Seite „The Fearless Heart„. Ich habe mir erlaubt, die bestehende Übersetzung von Volkmar Richter anzupassen / zu verbessern – mit dem Ziel, dass der Text leichter zu erfassen ist.

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»Unless we as social change agents come from a certain kind of spirituality, we’re likely to create more harm than good.« – Marshall Rosenberg

Wie findest du die „Core Commitments“?

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Martin Kirchner ist Mitgründer der Pioneers of Change in Österreich