Voll im Flow statt durchgetaktet?

Führen im Zyklus des Lebens

Dieser Sommer war wieder eine Gelegenheit für ein tiefes Ausatmen für mich. Auch wenn ich in Vorbereitung auf unser Online-Training „Women Re.Member. Frauen führen für das Leben“ sehr produktive Phasen hatte, gab es auch viel Zeit, Abstand zu gewinnen vom täglichen Trubel. Im Blick auf das offene Meer, die Sonne auf der Haut, den Wind spürend, konnte ich mich daran erinnern, wie überlebenswichtig Regeneration und Nichtstun für mich ist, um meine eigene Stärke zu erhalten.

Wenn ich die Erfahrungen des Sommers tiefer reflektiere, dann erkenne ich das dahinterliegende Muster: alles Leben und Arbeiten ist eingebettet in einen natürlichen Zyklus. Veronika Lamprecht, die Gründerin der GAIA Akademie und Co-Leiterin von „Women Re.Member“ beschreibt ihn in drei Phasen:

Inspiration, Integration und Regeneration

Dieser Zyklus findet sich in unseren Jahreszeiten in Mitteleuropa. Frauen, die ihren Menstruationsyzklus bewusst erleben, können ihn auch darin erkennen. Selbst der Verlauf eines Projekts und eines Tages enthält diese Phasen.

In diesem Blog reflektiere ich die Bedeutung dieser Phasen für Führungsarbeit und meine persönlichen Erfahrungen damit und lade dich ein, die Impulsfragen für dich zu nutzen, das Thema zu vertiefen.

Inspiration – Integration – Regeneration

Der Zyklus in der Natur

Während des 1-jährigen Lerngangs „Weg der Königin“, den ich bei Veronika gemacht habe, haben wir uns intensiv mit den Jahreszeit-Qualitäten auseinandergesetzt und erforscht, was wir vom natürlichen Jahreszyklus für unsere Führungsarbeit lernen können.

Die Inspirationszeit zeigt sich vor allem von Februar bis Mai/Juni, wenn sich die Pflanzen von der Aussaat bis zum Wachstumshöhepunkt entwickeln. Das Neue treibt aus und wächst in die Welt.

Von Juni bis Oktober reift das Gesäte aus – Zeit für Integration. Es braucht Aufmerksamkeit und Pflege, damit die Pflanzen mit dem meisten Potenzial wirklich zur Reife kommen. Und dann wird geerntet und Vorrat für den Winter angelegt.

Die Wintermonate von November bis Anfang Februar sind geprägt von Kälte, Dunkelheit und Stille in der Natur. Zugvögel sind längst weggeflogen, viele Tiere machen Winterruhe. Es scheint, als würde alles stillstehen. Aber nur scheinbar. Denn im Inneren bereitet sich die Natur auf die nächste Wachstumsphase vor. Zeit für Regeneration.

Impulsfragen:

Wie könntet ihr in eurem Team, eurer Organisation die Qualitäten der verschiedenen Jahreszeiten für euch nutzen?

Wie könntest du in deiner Arbeit und deinem Leben den Winter als Regenerations- und Stillezeit nutzen (statt noch mehr hineinzupacken)?

Das Zyklushafte in Projekten

In der Arbeitswelt kann sich dieser Zyklus so zeigen:

Inspiration meint die Phase von Vision, Begeisterung für neue Ideen. Neugierde und Entdecker*innen-Geist prägen diese Qualität. In Projekten ist es die Phase von der Idee zum Prototypen.

Integration meint, das Neue zu konkretisieren, Ideen vom Prototypen bis zum Roll-Out weiterzuentwickeln. Es ist Zeit anzupacken und umzusetzen und die Dinge in die Welt zu bringen. Und zu entscheiden, was weiter reifen soll und was nicht. Bis hin zur Ernte dessen, was geschaffen wurde. Und ja: Feiern, was erreicht wurde!

Die Phase der Regeneration ist die Zeit, das Wesentliche aus den vorherigen Phasen zu erkennen und daraus für das Neue zu lernen. Es ist aber auch Zeit, sich von Altem zu verabschieden, Projekte „sterben“ zu lassen und sich in die Stille zu begeben. Denn erst in der Stille des Nichtstuns kann sich zeigen, was als Nächstes dran ist. In der Theorie U von Otto Scharmer ist das der tiefste Punkt im U, den er Presencing nennt. An diesem Punkt ist es wichtig, alles Alte, alle Vorstellungen gehen zu lassen, um mit offenem Willen das Neue kommen zu lassen. Es ist die Phase tiefer Transformation.

In einer Kultur des immer Schneller, Höher und Weiter hat gerade das Regenieren keinen Platz. Wird ein Projekt abgeschlossen, warten schon drei andere darauf, endlich begonnen zu werden. Viele Teams vergessen gänzlich, den Abschluss eines Projekts zu würdigen oder zu feiern. Oder es fällt schwer, Projekte sterben zu lassen, sodass kein Platz für Neues entsteht oder das Neue mehr Last als Lust bedeutet.

Impulsfragen:

Wie könnte es dir gelingen, Regenerationsphasen in deinen Projekten zu schaffen?

Wie kannst du den Abschluss von Projekten bewusst gestalten und feiern?

Wie kannst du immer wieder dafür sorgen, Projekte, Aufgaben etc. bewusst und in Würde „sterben“ zu lassen?

Die Phasen im weiblichen Zyklus

Ich begegne vielen Frauen, die ihren Zyklus kaum wahrnehmen. Andere wiederum nehmen kurz vor und während ihrer Blutung permanent Schmerzmittel, wollen sich nichts anmerken lassen und funktionieren weiter. Denn würde man merken, dass sie gerade bluten, könnte das als weibliche Schwäche ausgelegt werden.

Was ich an mir selbst bisher wahrgenommen habe:

Inspiration: Direkt nach dem Ende meiner Blutung erlebe ich eine Phase von erwachender Energie. Ich habe Lust zu entdecken, bin bereit, Neues auszuprobieren und ich spüre die Lust auch in meinem Körper.

Integration: Rund um den Eisprung und unmittelbar danach fühle ich mich besonders stark, präsent und könnte Bäume ausreißen. Ich fühle mich sehr genährt und habe viel zu geben. Ich kann andere unterstützen und tragen.

 Regeneration: In den Tagen vor meiner Blutung habe ich ein starkes Sensorium für Unstimmigkeiten. Ich bin weniger bereit, „faule“ Kompromisse einzugehen. Ich werde rasch ungeduldig, wenn ich den Eindruck habe, die Dinge gehen am Wesentlichen vorbei. Während der Blutung habe ich dann v. a. das Bedürfnis, mich zurückzuziehen, mich zu regenerieren und nach innen zu gehen.

Impulsfragen:

Wie wäre es, wenn der weibliche Zyklus kein Tabu mehr in Unternehmen (und in unserer Gesellschaft insgesamt) wäre?

Wie wäre es, wenn es Teams und Organisationen gelänge, diese unterschiedlichen Phasen im Zyklus von Frauen zu berücksichtigen, ja, vielleicht sogar die Stärken der verschiedenen Phasen zu „nutzen“?

Wie könnten Organisationen ihren Dienstplan danach gestalten?

Für dich persönlich als Frau:

Welche Qualitäten nimmst du während der verschiedenen Zyklusphasen in dir wahr?

Wie könntest du die unterschiedlichen Phasen deines Zyklus in deiner Arbeit berücksichtigen, vielleicht sogar als Stärken nutzen?

Mehr dazu in unserem kostenlosen Info-Call zum Online-Führungstraining Women Re.member am 29.9. –

mit Hemma Rüggen, Sylvia Brenzel, Veronika Lamprecht

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Die Phasen im Tageszyklus

Selbst im Tagesrhythmus sind die Phasen von Inspiration, Integration und Regeneration idealtypisch zu entdecken. Von der Frische des Morgens zur hohen Produktivität im Lauf des späten Vormittags und Nachmittags hin zum guten Abschließen und „Ernten“ des Tages bis zur Entspannung und Ruhephase am Abend und in der Nacht.

Und selbst innerhalb einer Arbeitsphase kann dieser Rhythmus Platz finden: Vom Start einer neuen Aufgabe, sich orientieren und ausrichten über intensive Produktivität bis zum Abschließen und kurz Pause machen, bevor der nächste Zyklus beginnt. Manchmal ist das nur ein bewusster tiefer Atemzug, der einen Unterschied macht.

Wenn ich diesen Tagesrhythmus zu lange ignoriere, indem ich z.B. abends zu spät und zu lange am Bildschirm sitze oder von einer Anforderung in die nächste stolpere, kann ich bald bemerken, wie mir die Energie ausgeht und ich mich erschöpfe. Wenn ich aber aus der Stille der Nacht morgens noch meditiere, mich dann innerlich auf den Tag ausrichte, dann fokussiert arbeite, dazwischen Pausen einlege und abends gut abschließe, fühle ich mich zutiefst befriedigt und kann mir dann auch erlauben, zu regenerieren.

Wenn dann nach dem Mittagessen auch noch ein Power Nap Platz hat, bevor ich in die zweite Arbeitsphase am Nachmittag starte, dann ist es überhaupt ein Luxustag ;-).

Impulsfragen:

Wie könnte dein Tag aussehen, wenn du Rücksicht auf diesen natürlichen Rhythmus in dir nehmen würdest?

Welche Rituale des Abschließens können dir helfen, abends zur Ruhe zu kommen?

Wie kannst du Arbeitsphasen so gestalten, dass du zwischen dem Abschluss und dem Anfang einer Aufgabe eine Mini-Renerationsphase einlegst?

Wenn wir also unsere (Führungs-)Kraft langfristig erhalten wollen, dann ist es wichtig, in der Tiefe zu verstehen, dass Regeneration Voraussetzung und notwendige Bedingung für nachhaltige Arbeit ist. Regeneration ist nicht nur ein notwendiges „Übel“ (so habe ich es lange verstanden), sondern erst die Stille ermöglicht, dass wirklich Neues entstehen kann.

Nichts bringt uns mehr voran als eine Pause.

 

Ist zyklisches Führen nur was für Frauen*?

Nein! Aus meiner Sicht würde es allen Menschen – egal welcher Geschlechtsidentität – guttun, sich wieder mit diesen natürlichen Lebensrhythmen zu verbinden, weil wir alle Teil der Natur sind. Und ich glaube auch, dass die Entfremdung von diesem natürlichen Zyklus eine Ursache für die aktuellen globalen Krisen ist.

Für mich als Frau war es aber besonders wichtig, mich an die natürliche Zyklushaftigkeit des Lebens zu erinnern. Mit meinem Zyklus fühle ich mich direkt verbunden mit der Zyklushaftigkeit des Lebens insgesamt.

Ich fühle mich von mir entfremdet, wenn ich den Zyklus nicht berücksichtige und erlebe mich besonders kraftvoll, wenn ich ihn integriere. Diese Ressource wahrzunehmen, würde ich mir deshalb besonders für (Führungs-)Frauen* wünschen.

Mehr dazu in unserem kostenlosen Info-Call zum Online-Führungstraining Women Re.member am 29.9. –

mit Hemma Rüggen, Sylvia Brenzel, Veronika Lamprecht

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Hemma Rüggen entwickelt derzeit das Online Training „Women Re.Member. Frauen führen für das Leben“. Sie ist seit 2017  im Team von Pioneers of Change.

Du willst tiefer in diese Themen eintauchen?

Dann melde dich an zu unserem Online Training: Women Re.Member. Frauen führen für das Leben. Start am 5. Oktober 2022