Kann
Eigenlob
duften?

Über Selbstwertschätzung
als revolutionäre Praxis

Vorige Woche auf dem Retreat vom „Wellbeing Project“ sollte ich in einer Übung mit anderen teilen, wo ich auf mich stolz bin. STOLZ?

Ego-Alarm!

Mein Inneres hat sofort blockiert – „Stolz“ ist ja eine Emotion, die ich mit aufgeblähten Egos assoziiere. Nach einiger Zeit konnte ich es dann übersetzen in „wofür bin ich mir dankbar“. Aber es machte mich dennoch nachdenklich…

Warum ist es so sauschwer für mich, unbefangen „stolz auf mich“ zu sein? Warum ist es so viel leichter, selbstkritisch zu sein –  als darüber zu sprechen, was ich gut kann oder gut mache?

Eigenlob stinkt?

Noch ein Erlebnis von gestern Abend schlägt in dieselbe Kerbe:

Eine Teilnehmerin in unserem Online-Kurs erzählte, dass manche Übungen schwierig für sie waren, wo es um ihre Stärken ging. Denn sie ist dazu erzogen worden, dass „Eigenlob stinkt“.

Kann es sein, dass unsere Kultur darauf ausgelegt ist, uns klein zu halten? Sooo viele Menschen kämpfen mit mangelndem Selbstwert. Trauen sich nicht, sich zu zeigen. Trauen sich anstehende Wachstumsschritte nicht zu und kreisen im Orbit ihrer Normalität.

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Wir sind gewohnt (und sicher auch durch den Rotstift unseres Schulsystems darauf geprägt) darauf zu schauen, was NICHT passt. Nicht umsonst hatte mein Video zum Thema „Umgang mit Kritik“ so eine arge Resonanz beim letzten Online-Summit…

Wir bemühen uns so gut wir können, unsere Unsicherheiten, möglichen Schwächen und Fehler zu verdecken. Dabei geht viiiiel Energie drauf… Und wir bleiben dabei meist gut unserer kontrollierbaren Komfortzone und versäumen doch vielleicht das Lebendige des Lebens.

Für viele von uns ist es wohl auch, dass wir Angst davor haben, „unser Licht scheinen zu lassen“ – siehe auch das Gedicht von Marianne Williamson ganz unten (das Nelson Mandela bei seiner Antrittsrede zitierte). Und so halten wir uns klein…

Video vom Online Summit im März 2017

Das andere Extrem

Auf der anderen Seite gibt es da einen zunehmenden Trend von Selbstdarstellung und narzisstischer Selbstüberhöhung (auf Facebook bis ins Weiße Haus). „Reflektierte“ Menschen lehnen das aber klar ab…

Also: lieber NICHT stolz sein auf uns. Lieber NICHT über unsere Stärken reden. Lieber so tun, als hätten wir KEIN Ego.

Wirklich?

Gibt es einen Mittelweg?

In der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg lernen wir die Schlüsselunterscheidung zwischen Lob und Wertschätzung. Beim „Loben“ finden wir uns in der Welt der „moralischen Urteile“: von Richtig und Falsch, von Gut und Schlecht, von Normal und Unnormal. „Loben“ kann auch oft etwas sehr Manipulierendes haben.

Bei „Wertschätzung“ geht es darum, die Freude über die Bereicherung unseres Lebens auszudrücken. Wir „feiern“, dass Bedürfnisse erfüllt werden und etwas Wertvolles beigetragen wird.

„Eigenlob“ muss also nicht unbedingt stinken, sondern es kann wahrhaft dufte sein. Wenn wir „Eigenlob“ aus einer Haltung von Wertschätzung, also Selbst-Wertschätzung betreiben, dann kann ich JA dazu sagen. Das stärkt uns, lasst uns strahlen, macht anderen Mut!

Ein Gegenmittel für üble Laune und Selbstzweifel

Selbstwertschätzung ist ein besonders wirksames Gegenmittel bei übler Laune und Selbstzweifeln. Es fällt oft echt nicht leicht… aber meine Frau Petra und ich machen das seit vielen Jahren, wenn wir im „Sud“ hängen und wir uns selber nicht mögen (kommt vor!): Wir zählen uns 20 oder 30 Dinge auf, wofür wir dankbar sind, was wir toll an uns finden, was wir gut können.

Meist hellt sich unsere Stimmung dadurch auf. Es hilft, einen Partner*in oder Buddy dafür zu haben, aber es geht auch alleine!

Also:

  • Was schätzt du an dir selbst?
  • Wofür bist du dir selbst dankbar?
  • Schreib dir selbst 10, 20 Dinge auf und noch besser: suche dir jemand anderes und teilt es miteinander. Freut euch, welch wunderbare Menschen ihr seid. 😉

Was hat „Selbstwertschätzung“ mit einem Wandel in der Welt zu tun?

Nun: Die Welt braucht Menschen, die in ihre Kraft kommen. Die sich spüren, ihre Stärken kennen und wertschätzen und tun, was zu tun ist. Die Welt braucht Pioniere und Pionierinnen des Wandels (hab ich das schon mal gesagt :-))?

Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind,
Unsere tiefste Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind.

Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.
Wir fragen uns: „Wer bin ich eigentlich,
dass ich leuchtend, begnadet, phantastisch sein darf?“

Wer bist du denn, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes.
Wenn du dich klein machst, dient das der Welt nicht.

Es hat nichts mit Erleuchtung zu tun, wenn du schrumpfst
damit andere um dich herum, sich nicht verunsichert fühlen.

Wir wurden geboren, um die Herrlichkeit
Gottes zu verwirklichen, die in uns ist.
Sie ist nicht nur in einigen von uns, sie ist in jedem Menschen.

Und wenn wir unser eigenes Licht erstrahlen lassen,
geben wir unbewusst anderen
Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.

Wenn wir uns von unserer eigenen Angst befreit haben,
wird unsere Gegenwart ohne unser Zutun andere befreien.

Der Text wird häufig als „Auszug aus der Antrittsrede von Nelson Mandela 1994 in Pretoria / Tshwane“ bezeichnet – so auch ursprünglich an dieser Stelle. Er stammt jedoch von Marianne Williamson.

Keine falsche Bescheidenheit!

Martin Kirchner ist Mitgründer der Pioneers of Change in Österreich