Zum Gemeinwohl!

Ein visionärer Aufruf von Christian Felber zur Umgestaltung unseres Geld- und Finanzsystems

Zum Gemeinwohl!

Ich genieße es, zwischen den Welten zu wandeln oder besser: zu pendeln. Wenn ich mich in das „Energiefeld des Gemeinwohls“ begebe, sehe ich Gemeinwohl-Banken und souveränes Geld in blühenden Regionen und funktionierenden Gemeinschaften und Demokratien bei steigender Artenvielfalt und trinkbaren Flüssen – wie in einem luziden Tagtraum.

 

Ich kann die Details beschreiben und sie „exportieren“ in unsere heutige Lebensrealität, wo es noch hochtoxische Immobilienderivate, systemrelevante Banken, Geierfonds, Schattenbanken, Steueroasen und Hochfrequenzhandel gibt. Und Finanzminister, die solche sinistren Phänomene ermöglichen, anstatt sie durch ethische und demokratische Spielregeln zu bannen.

 

Einladung: Suche deine nährenden Kraftquellen

 

Um dem Hier und Jetzt weder zu entschweben und den Boden unter den Füßen zu verlieren noch am heutigen Weltengang zu verzweifeln oder in die Depression gezogen zu werden, weiß ich um meine Kraftquellen – wie zum Beispiel dem Tanzen – und habe es als meine heilige Pflicht erkannt, sie regelmäßig aufzusuchen. Damit mich das „Monster“ – so bezeichnete der deutsche Ex-Bundespräsident (und davor IWF-Direktor) Horst Köhler die Finanzmärkte – nicht verschlingen oder in den Abgrund reißen kann. Auch die Natur, die Kunst, das Handwerk, Freundschaften, Rituale oder bewusstes Tagträumen sind solche Kraftquellen.

 

Ich empfehle jedeR und allen, den eigenen Kraftkreis aus den persönlichen Kraftquellen anzuordnen und sich in deren nährende Energie zu begeben. Dann steht viel Wandlungskraft zur Verfügung.

 

Aus dem Betrachten des Monsters allein kommt zwar auch Energie, aber es ist viel Wut, Ablehnung, und im schlimmsten Fall auch Gewalt dabei. Auch von daher die Empfehlung zum Gang zu den „heiligen Quellen“. Dann kann aus der Wandelarbeit ein geschmeidiger Tanz, eine „soziale Plastik“ (Beuys), ein politisches Kunstwerk werden. Ein Projekt der Lebensfreude und ein Ausdruck der Lebensliebe.

 

Neue Spielregeln

In diesem Sinne versuche ich, ethische Spielregeln für die Finanzmärkte zu entwickeln, ein „intelligent design“, an das man im Metaphysischen nicht zu glauben braucht, um es im Hier und Jetzt praktisch entwickeln und auf unsere täglichen Infrastrukturen anwenden zu können.

 

Vielleicht braucht es Geld ja eines Tages gar nicht mehr, weil wir so lichte Wesen sein werden, das wir vollkommen und gewaltfrei kooperieren – was einige von uns heute schon vorausspüren; aber solange wir Geld nützen und es ein so genanntes Geld- und Finanzsystem gibt, sollte es einem humanen intelligenten Design folgen. Dieses Design ist kollektiv, partizipativ, ethisch und funktional:

 

Geld als konsequentes Mittel und Werkzeug des Gemeinwohls.

 

Gar so utopisch ist das nicht. Ich sehe es als spielerische Herausforderung, dem Geldsystem gleich strenge Spielregeln zu geben wie Mensch-ärgere-Dich nicht, Schach oder Fußball. Da gibt es auch faire Spielregeln und Schiedsrichter*innen, und alle halten sich dran.

 

Ich empfinde es als sensibles lebensfreudiges und freiheitsliebendes Wesen zutiefst entwürdigend, dass wir als Menschen oder schlimmer: „Staatsbürger*innen in liberalen Demokratien“, so unbeschreiblich schlechte Spielregeln für das Geld- und Finanzsystem tolerieren – ähnlich wie für die gesamte Wirtschaft! Obwohl doch in der Bayrischen Verfassung steht: „Die gesamte Wirtschaft dient dem Gemeinwohl.“

 

Weltfremd?

Wie utopisch ist das denn? Wie illusorisch, traumtänzerisch und visionär? Ich sag’s Euch: gar nicht.

 

Nur, wer sich das Menschsein, den freien Willen, die künstlerische Kreativität und die ganzheitliche Lebenslust hat nehmen lassen von sinistren Energien, Ideologien und Institutionen – wie z.B. ökonomische Bildung –, für den mag sich das „weltfremd“ anfühlen, ein Lieblingswort der eigentlichen Bremser, Blockierer und Besitzstandwahrer, das Zwillingswort zu „Gutmensch“.

 

Dann sind im Umkehrschluss die Schlechtmenschen die Realist*innen. Einfach nicht Hinhorchen auf solche Deutungsangebote. Im Hier und Jetzt bleiben, zu den Kraftquellen gehen, Inspirationen abholen, weitertanzen, und den Tagtraum Facette um Facette in unseren Lebensalltag integrieren. So, als wäre es der tägliche Gang zur Arbeit, zur Bäcker*in oder zu den Eltern, die wir pflegen.

 

Es liegt an uns!

 

Auf, lasst uns eine Landschaft aus Gemeinwohl-Banken und -Börsen, souverän-demokratischen Zentralbanken, Geld als öffentlichem Gut, sinnstiftenden Krediten, begrenzter Ungleichheit, Steuergerechtigkeit, sicheren Pensionen und Grundeinkommen, menschenwürdigen Rohstoffpreisen und einer internationalen Währungskooperation aufbauen. Und Schattenbanken und Steueroasen und Geierfonds und Hedge-Fonds-Manager-Gehälter in Milliardenhöhe und Hochfrequenzhandel und CDOs und CDS in die historische Abstellkammer entsorgen. Ins Museum der – leider auch kreativen – Kuriositäten.

 

Ich fürchte leider, dass wir als Menschheit noch die eine oder andere Krise durchleben werden, und wie genau sich unser Schicksal wenden wird, kann ich nicht vorhersehen. Ich muss es aber auch nicht. Ich habe großen Spaß und feinste Freude daran, die Utopie real werden zu lassen. Und ich sehe immer mehr Menschen, die an ihren Lebensorten in ihren Regionen aktiv werden, mitanpacken und ihren persönlichen Beitrag zur großen Transformation zu leisten bereit sind – oder werden. Zum Bau der „Kathedrale“ eines gemeinwohlorientiertes Geld- und Finanzsystems in einer nachhaltigen Gemeinwohl-Ökonomie.

 

Bereiten wir den Boden!

 

Ich habe große Lust, mit solchen Wandelarbeiter*innen und Zukunftserbauer*innen demokratische Geldkonvente durchzuspielen, um aus dem breiten Menü an inhaltlichen Alternativen die besten Leckerbissen auszuwählen und als neue Spielregeln in unseren demokratischen Verfassungen und unserem praktischen Lebensalltag zu verankern.

 

Demokratische Entscheidungen zu wirtschaftspolitischen Grundsatzfragen zu treffen, das sollte eines Tages so selbstverständlich sein wie Zähne putzen oder Liebe machen. Der Online-Kurs, auf den ich mich freue, dient auch dazu, so einem Sein, einem „souveränen Bewusstsein“, den Boden zu bereiten.

 

C U im Internetz!

Christian Felber

Mehr zum Autor:

Mag. Christian Felber, ist Buchautor, Hochschullehrer und freier Tänzer in Wien. Er ist Initiator der Genossenschaft für Gemeinwohl, Gemeinwohl-Ökonomie und Gründungsmitglied von Attac Österreich.

Onlinekurs „Geld und Demokratie“ mit Christian Felber startet am 20.09.