Wie können wir in Teams, Projektgruppen und im persönlichen Umfeld Bedingungen schaffen, sodass Menschen Mut, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit entwickeln?
Ein Blogbeitrag über die Erkenntnisse des EU-Projekts »Hosting Empowerment« von Sylvia Brenzel (Leiterin des Jahrestrainings Lead the Change)
Empowerment als Schlüssel für Gesellschaftsentwicklung
Was hindert uns daran, unsere Welt in einen lebensfreundlich(er)en Ort zu verwandeln? Für mich liegt es vielfach an mangelndem (Selbst-)Vertrauen in unsere eigenen Kräfte und Fähigkeiten. Wir begrenzen uns selbst und machen uns oft klein in unserer »Normalitäts-Trance«.
Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass wir alle – im Kleinen und gemeinsam auch im Großen – ganz viel verändern können in unserer Welt. Wir können uns »empowern« und Stück für Stück entdecken, was in uns steckt – und uns mehr Macht für die Gestaltung unserer Lebensumstände erschließen.
»Ich träume von einer Gesellschaft, in der Verletzlichkeit Ermutigung und Vorbild sein kann – für mich selbst und andere. Ich träume von einer Gesellschaft, in der jeder Mensch die Möglichkeit bekommt, die eigenen Potenziale zu entdecken und so in der Lage ist, die eigenen Lebensumstände aktiv zu beeinflussen und das Umfeld lebensfreundlich mitzugestalten.«
Sylvia Brenzel
Wie gelingt »Empowerment«?
Wie können wir aber absichtsvoll in Teams und Gruppen solch Mut machende und stärkende Prozesse gestalten? Das habe ich gemeinsam mit 15 Begleiter:innen, Coaches, Trainer:innen, Facilitator:innen aus sechs verschiedenen europäischen Ländern im dreijährigen Erasmus+ Projekt »Hosting Empowerment« erforscht.
In diesem Projekt haben wir mit vielen Menschen gesprochen, gelacht, geweint, geforscht und aus den gewonnenen Erkenntnissen Methoden und Werkzeuge entwickelt und zusammengetragen.
Wir haben u.a. das Booklet »Lebe aus voller Kraft« entwickelt und wesentliche Zutaten für Empowerment herausdestilliert:
Fünf wesentliche Zutaten für Empowerment in einer Gruppe
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So sein dürfen, wie ich bin. Ich bin ok mit all meinen Besonderheiten, Verrücktheiten und Ängsten.
Wenn du das Gefühl vermittelt bekommst, dass du richtig bist, willkommen bist und du deinen Platz in der Gruppe kennst, kannst du innerlich entspannen und dich auf Neues einlassen. Wie sehr du dich verändern willst und wo die Reise letztlich hingeht, ist allein deine Entscheidung. Deine Begleiter:innen können dir Angebote machen, dich inspirieren, dir dabei helfen den richtigen Weg zu finden, aber erstmal bist du gut genug so wie du bist.
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Sicherer Raum – safe space. Ich befinde mich in einem gut gehaltenen Rahmen.
Ein gut gehaltener Raum ist schwer fassbar, er ist unsichtbar und doch so wichtig für die eigenen Entwicklungsprozesse. Wenn du dich in einer vertrauensvollen Atmosphäre befindest und ein Mindestmaß an Sicherheit erfährst, kannst du dich entspannen und dich in deiner Verletzlichkeit zeigen. Du kannst mal Ungewohntes ausprobieren, dich mit dem bunten Regenbogen menschlicher Gefühle zeigen und sogar scheitern – und du bist immer noch willkommen in der Gruppe und musst keine Sanktionen befürchten. Wir bewegen uns aus unserer Komfortzone hinaus, trauen uns neue Wege zu begehen, können das Erlebte entsprechend integrieren und erweitern damit unser Denk- und Verhaltensrepertoire.
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Eine Kultur des sich gegenseitig Unterstützens erleben und eine Atmosphäre von Zuversicht und Vertrauen ins Gelingen schaffen. Mit Hilfe von anderen komme ich schneller und weiter voran. Ich fokussiere mich auf meine Stärken und Entwicklungspotenziale.
Andere Menschen sind immer auch ein Resonanzkörper. Wir und die jeweilige Umgebung können in Resonanz miteinander gehen, es kann sichtbar werden, wie wir uns aufeinander beziehen und zueinander stehen. Beispielsweise in einer Gruppe von Menschen kann eine Feedbackdynamik entstehen, die Veränderungen und Erkenntnisprozesse beschleunigt und dir Erfahrungen schenkt, die du im Alltag nicht so schnell machen könntest. Jede und jeder erfährt sich darin, wirksam zu sein – mal als Helfer:in und mal als Beschenkte:r.
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Die Lösung ist im Problem bereits angelegt. Indem ich hinderliche Glaubenssätze in heilsame Gedanken verändere, verändere ich die Welt.
Glaubenssätze wie »ich bin nicht gut oder wertvoll genug« sind machtvolle Ohnmachtskräfte. Indem wir sie bewusst ins Gegenteil verkehren, wird Handlungsenergie freigesetzt. Zum Beispiel: Werde du selbst zur Helferin, wenn du Hilfe brauchst. Sieh du die Menschen um dich, wenn du gesehen werden möchtest.
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Rituale einüben und Erfolge/Misserfolge feiern.
Rituale geben Halt und helfen über Unsicherheiten hinweg. Sie machen Übergänge leichter und unterstützen uns dabei, Erfolge – seien sie noch so klein – zu feiern und daran zu wachsen. Auch Misserfolge können Geschenke sein, wenn wir sie beachten und an ihnen lerne.
Du hast Lust, Empowerment für dich ganz praktisch zu üben? Drei Übungen für dich:
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Übung 1: Die Macht des Körpers: Spüre die Kraft!
Unser Körper verändert unseren Verstand, unser Verstand verändert unser Verhalten, und unser Verhalten verändert, was wir bewirken. (Amy Cuddy)
Die Sozialpsychologin Amy Cuddy und viele andere Forscher:innen haben gezeigt, dass »Power Posing” (das Einnehmen einer expansiven Körperhaltung) dazu führt, dass sich Menschen mächtiger und selbstbewusster fühlen. Probiere es aus. Probiere eine oder zwei dieser Posen für zwei Minuten und schau, wie du dich nachher fühlst.
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Übung 2: Die Macht der Worte: Die Macht des »noch nicht«!
Worte können Handlungen verhindern UND sie können uns über Hindernisse hinweg tragen. Probiere es aus, beantworte folgende Fragen:- Was sind Dinge, die du – noch – nicht kannst oder nicht tust, aber gerne tun würdest?
- Wähle eine Sache aus. Eine, die nicht völlig absurd ist (nicht »Zum Mond fliegen!«), sondern eine, bei der du dir wirklich sicher bist: Ja, das würde ich gerne tun! Wie würde das dein Leben bereichern, wenn du es könntest?
- Versuche das »noch nicht«. »Ich will/kann/habe… noch nicht«. Sage es einer Freundin oder vor einem Spiegel. Spürst du einen Unterschied? Vielleicht inspiriert es dich, gleich dazu aufzuschreiben, was dich davon abhält und/oder was es möglich machen würde. Oder vielleicht willst du das einfach eine Weile so stehen lassen. Notiere dir, wenn es einen nächsten Schritt gibt, den du umsetzen könntest.
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Übung 3: Die Macht der Gedanken: Die inneren Kritiker
Die inneren Kritiker sind Stimmen bzw. Gedanken, die kritisieren, was wir tun, sagen oder denken. Normalerweise haben wir sie uns in der Kindheit angeeignet. Wir alle haben unsere negativen Sätze, die unsere inneren Kritiker wie eine kaputte Schallplatte wiederholen (z.B. »du kannst das nicht«). Diese Sätze machen uns klein, sie halten uns davon ab, mit Mut und Überzeugung zu denken und zu handeln. Und sie sind nicht wahr! Vielleicht waren sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit wahr, und seither bestehen sie, als wären sie die ewige Wahrheit. Beginne damit, aufzuschreiben, was dir die inneren Kritiker einreden. Liste hier die Worte auf, die du hörst, oder die Empfindungen, die du wahrnimmst.
Schließe deine Augen und beobachte, ob ein Bild des Kritikers auftaucht (Form, Farbe, Symbol, Bild usw.). Wenn es eine Person ist, hat sie ein Geschlecht und ein Alter? Wie ist sie gekleidet? Hat sie einen Namen? Mache eine Zeichnung von ihr oder beschreibe sie (oder beides)
Schaue dir an, was du auf der vorherigen Seite gezeichnet und geschrieben hast, und frage dich: Was sehe/lese ich? Was fühle ich, wenn ich das anschaue/lese? Notiere deine Antworten.
Überlege: Wenn diese Stimme dich ermutigen würde, anstatt dich zu entmutigen, was würdest du dir wünschen, was sie zu dir sagt? Füge diese Botschaft zu deinen Notizen hinzu. Wenn du keine ermutigende Botschaft findest, mache dir keine Sorgen. Du kannst später zu dieser Übung zurückkommen.
Wenn du das nächste Mal deinen inneren Kritiker hörst, halte inne und erinnere dich an das Bild, das du gezeichnet hast. Sage laut oder innerlich: Ich merke, dass du hier bist, und ich höre dich. Bitte ermutige mich, anstatt mich zu kritisieren.
Gut gemacht! War das anstrengend für dich? Dann lege eine kleine Pause ein. Wie wär’s zum Beispiel mit Spazierengehen?
Lust auf noch mehr Empowerment?
Dann lade dir hier das neue Booklet runter «Lebe aus voller Kraft«.
Und wenn du dir ein ganzes Jahr Empowerment-Begleitung wünscht, dann mach mit beim Pioneers of Change-Jahrestraining LEAD THE CHANGE. Anmeldung noch bis 30. September möglich!
Wie ermutigst/ermächtigst du dich selbst und andere?
Magst du deine Erfahrungen noch dazulegen?